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Mit Schmerzen leben – wenn mehr dahintersteckt als „nur“ die Periode

Am 21.09.2023 findet der Tag der Endometriose statt. Endometriose ist eine Erkrankung, die noch zu selten diagnostiziert wird und das nicht etwa, weil sie so selten auftritt. Vielmehr liegt dies an einem (gesellschaftlichen) Unverständnis gegenüber der Menstruation insgesamt. Regelschmerzen seien doch „normal“ und gehören zum „Frausein“ dazu. Was es braucht, ist Verständnis – gegenüber Frauen, Regelschmerzen und Endometriose.

Was genau ist Endometriose?

Endometriose ist eine gutartige Erkrankung, die in der Regel im fertilen Alter auftritt. Schätzungen zufolge sind zwischen 8 und 15 Prozent aller Mädchen und Frauen betroffen, was in Deutschland ca. 2 Millionen Menschen entspricht. Damit ist Endometriose die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung. Sie äußert sich durch gebärmutterschleimhautartige Zellverbände, die außerhalb der Gebärmutterhöhle auftreten. Diese Zellinseln werden als Endometrioseherde bezeichnet und siedeln sich am Darm- oder Bauchfell, an den Eierstöcken oder im Bauch- und Beckenraum an. In seltenen Fällen können diese auch außerhalb des Bauchraumes, z. B. in der Lunge, vorkommen. Eine Endometriose kann auch zu chronischen Entzündungen, Vernarbungen und Verwachsungen der betroffenen Gewebe führen.

Was viele nicht wissen: Endometriose kann auch symptomfrei vorliegen. Wenn Symptome jedoch auftreten, leiden Betroffene meistens unter starken Menstruationsbeschwerden und Unterleibsschmerzen sowie Schmerzen beim Sex und oft auch Unfruchtbarkeit. Die Symptome können abhängig von der Position der Endometrioseherde im Körper auftreten. Beispielsweise treten Unterleibsschmerzen auf, wenn Verwachsungen zwischen Eierstöcken, Darm und Gebärmutter bestehen. Herde, die im Darm oder in der Blase sitzen, können wiederrum Schmerzen beim Wasserlassen oder beim Stuhlgang auslösen. Dazu kommen unspezifische Schmerzen, z. B. in den Beinen, die von den Betroffenen auf den ersten Blick nicht einer Endometriose zugeordnet werden. Im Laufe der Zeit können sich so auch chronische Schmerzen entwickeln. Diese physischen Symptome führen langfristig dazu, dass bei Betroffenen aufgrund der andauernden körperlichen Belastung eine allgemeine Erschöpfung oder Müdigkeit entstehen kann. Neben der physischen kommt es oft auch zu einer psychischen Belastung. Viele Frauen leiden seelisch unter den starken und/oder häufigen Schmerzen. Dies kann bis zur Entstehung einer Depression führen. Die psychische Belastung wird oft als besonders stark empfunden, wenn unzählige Termine in gynäkologischen oder anderen fachärztlichen Praxen nötig sind, bis endlich eine Diagnose vorliegt.

Wie wird Endometriose diagnostiziert?

Einen einfachen und eindeutigen Test zur Diagnose von Endometriose gibt es nicht. Wenn du vermutest, dass du von Endometriose betroffen bist, solltest du das in einer gynäkologischen Praxis abklären lassen. In einem ersten Anamnesegespräch wird dann geklärt, welche Symptome bestehen, wie dein Alltag durch diese beeinträchtigt wird und ob z. B. Endometriose bereits in deinem familiären Umfeld diagnostiziert worden ist. Anschließend folgt eine gynäkologische Untersuchung, die bei konkretem Verdacht mehrere Ultraschalluntersuchungen umfasst. In individueller ärztlicher Absprache kann auch eine Gewebeprobe mittels Bauchspiegelung (Laparoskopie) zur Sicherung der Diagnose entnommen werden.

Was sich hier nach einem schnellen, reibungslosen Prozess anhört, sieht in der Praxis anders aus. Regelschmerzen gelten oft noch als „normal“ und würden zum „Frausein dazugehören“. Das steht der Diagnose „Endometriose“ im Weg und ist eine Ursache für den durchschnittlich sechsjährigen Prozess bis es zur Diagnosestellung kommt. Das macht eine Aufklärung über Endometriose weiterhin in unserer Gesellschaft zwingend erforderlich.

Umgang mit Regelschmerzen in unserer Gesellschaft

Menstruationsschmerzen sind weit verbreitet und lassen Betroffene glauben, dass sie zum Leben einer Frau dazu gehören würden. Sie halten die Schmerzen dann aus, anstatt sich Hilfe zu suchen. Dabei sind bei 10 % der Frauen die Beschwerden so stark, dass sie jeden Monat für ein bis drei Tage nicht in der Lage sind, ihren normalen Alltag zu bewältigen. Genau diese Frauen haben in der Folge häufiger mit Problemen am Arbeitsplatz, Schuldgefühlen und Selbstvorwürfen zu kämpfen. Bei etwa der Hälfte der zwei Millionen betroffener Frauen in Deutschland besteht ein anhaltender Therapiebedarf durch die Erkrankung. Das bedeutet in vielen Fällen die Einnahme von Schmerzmitteln.

Zum Umgang mit Regelschmerzen erhalten Frauen etliche Ratschläge. Ob Schmerzmittel, hormonelle Verhütungsmittel, Wärmepflaster, Sport- oder Entspannungsübungen – das alles kann die Symptome lindern. Dabei schwingt aber oft die Botschaft mit „Deine Schmerzen sind normal. Sie gehören zur Menstruation dazu.“ Das führt dazu, dass Betroffene sich mit den teils extremen Schmerzen oft nicht verstanden oder ernstgenommen fühlen.

Endometriose ist kein Schicksal – Behandlungsmöglichkeiten

Wenn eine Endometriose endlich diagnostiziert wurde, ist das für viele Betroffene Frauen schon ein erster wichtiger Schritt in der Auseinandersetzung mit der Erkrankung. Zu wissen, woran man ist und dass es sich um eine Erkrankung handelt, ist wichtig, um sich mit den Beschwerden ernst genommen zu fühlen. Bei Endometriose stehen verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Welche infrage kommen, hängt von der individuellen Ausprägung der Symptome ab und musss immer im Rahmen einer gynäkologischen Beratung geklärt werden. Oft werden Schmerzmittel zur akuten Linderung von Schmerzen eingesetzt. Da es sich um eine hormonsensitive Erkrankung handelt kann auch eine Behandlung mit Hormonen die Schmerzen lindern. Und in einigen Fällen kann ein operativer Eingriff notwendig sein. Was dabei für viele betroffene Frauen frustrierend ist: trotz Operation können Endometrioseherde erneut auftreten.

Die Schmerzen bei Endometriose können so belastend sein, dass neben Schmerzmitteln auch eine psychologische Schmerztherapie notwendig sein kann. Eine solche Therapie umfasst unter anderem Gespräche und Techniken zur Schmerzbewältigung, z. B. Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen.

Ein Tipp: falls du von Endometriose betroffen bist, sprich darüber mit deinem familiären Umfeld und Freund:innen. So kannst du dir eine Basis schaffen, um das nötige Verständnis und persönliche Unterstützung zu erfahren.

Ausblick

Beim Thema Endometriose ist noch viel zu tun. Egal, ob in der gynäkologischen Praxis oder der Wahrnehmung der Erkrankung im Alltag – die Möglichkeit, dass Endometriose die Ursache „starker Regelschmerzen“ sein kann, sollte öfter in Betracht gezogen werden. Betroffene müssen wissen, dass es neben „normalen“ Regelschmerzen auch jene Schmerzen gibt, die auf ernsthafte Erkrankungen wie Endometriose zurückzuführen sind. Und solange sich die durchschnittliche Dauer der Diagnose nicht reduziert, soll der Tag der Endometriose jährlich an die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung erinnern, um aufzuklären, zu appellieren und langfristig im Gedächtnis zu bleiben.